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Gaia-X: „Wir brauchen niemand aus dem Silicon Valley oder China“

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Hyperscaler wie Amazon und Microsoft sind beim europäischen Cloud-Projekt Gaia-X in diesem Zusammenhang, sollen zusammen mit den geplanten Datenräumen andererseits keine große Rolle spielen.


    Gaia-X: "Wir brauchen niemand aus dem Silicon Valley oder China"

(Bild: RUKSUTAKARN studio / Shutterstock.com)

Von

  • Stefan Krempl

Hubert Tardieu, Chef der nach belgischem Recht gegründeten Verwaltungsgesellschaft für das europäische Cloud-Projekt Gaia-X, hat die strategische Ausrichtung der von Deutschland und Frankreich gestarteten Initiative am Mittwoch auf der Konferenz "Masters of Digital" des IT-Dachverbands Digital Europe erläutert. Der Franzose betonte: "Wir brauchen niemand aus dem Silicon Valley oder China, um unsere Datenräume zu organisieren."

Zuvor hatte die Tatsache für Erstaunen gesorgt, dass bei dem Prestigevorhaben für die digitale Souveränität Europas neben Gründungsmitgliedern wie Atos, BMW, Bosch, De-Cix, Deutsche Telekom, Fraunhofer-Gesellschaft, Orange, OVH, SAP und Siemens auch Cloud-Giganten wie Amazon, Alibaba, Google und Microsoft sowie die eng mit US-Geheimdiensten kooperierende Big-Data-Firma Palantir von Anfang an dabei sind. Diese Konzerne aus den USA und China gelten nicht als klassische Vertreter europäischer Werte.

Wer genau bei Gaia-X zum Zuge kommen und tragende Infrastrukturdienste übernehmen soll, "werden unsere Vorstandsmitglieder regeln", unterstrich Tardieu. Datenportabilität und Interoperabilität seien die wichtigsten Prinzipien bei dem Projekt und derzeit auch die größten Hindernisse, wieso viele europäische Firmen noch vor Diensten aus den Rechnerwolken zurückschreckten. Der 75-Jährige erläuterte: "Sie wollen nicht Gefangene ihrer Cloud-Anbieter werden."

Derzeit nutzen laut Tardieu 26 Prozent der europäischen Firmen Cloud-Services, in den USA und Asien lägen die Anteile viel höher. Aber auch in skandinavischen Ländern wie Schweden, Finnland und Dänemark erreiche die Quote bis zu 50 Prozent. Auf diese Marke wolle man die Wirtschaft mit Gaia-X in der gesamten EU binnen vier bis fünf Jahren bringen, den Nutzungsanteil also verdoppeln.

Gemeinsame Datenräume zum Teilen von Informationen und Messwerten seien das A und O, um dieses Ziel zu erreichen, meinte der Atos-Berater. Es müssten Ökosysteme für Sektoren wie Energie, Industrie oder Handwerk entstehen, die "sich selbst organisieren können". Es werde aber niemand zum Teilen von Daten gezwungen.

Vertreter von sieben Wirtschaftsbereichen sollten bis März nun entsprechende Konzepte vorlegen. Als übergreifendes Modell könnten etwa semantische Strukturen dienen, wie sie die von Fraunhofer initiierte International Data Space Association (IDSA) bereits erarbeitet habe. Die IDSA veröffentlichte Anfang der Woche ein Positionspapier, mit dem sie nach eigenen Angaben "in ihrem Referenzarchitekturmodell Software-Komponenten für das Teilen und den Austausch von Daten unter Wahrung der Datensouveränität spezifiziert". Damit soll es einfacher werden, mit Gaia-X eine verteilte Dateninfrastruktur als Basis sicherer Datenräume für verschiedene Anwendungsdomänen wie Mobilität, Industrie 4.0 und das Gesundheitswesen zu entwickeln.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton will parallel ein Förderinstitut für "Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" (IPCEI) vorantreiben, berichtete Tardieu. Dazu habe er eine Allianz für Cloud und Daten mit 27 Chefs von Firmen ins Leben gerufen, von denen die meisten bereits Gaia-X-Mitglieder seien. Auch hier lägen die Schwerpunkte auf Datenräumen und den dafür benötigten Infrastrukturen.

Bei Gaia-X selbst seien mittlerweile fast alle Cloud-Anbieter weltweit an Bord. Es werde dort nun darum gehen, den Fokus bei weiteren Mitgliedern auf Aspekte wie deren Expertise für IT-Sicherheit und die Nähe von Datenzentren zu den Kunden zu legen. Bis Ende 2021 sollten 24 nationale Hubs für das Projekt entstehen, die nicht unbedingt in der EU liegen müssten. Christiane Canenbley, Vizekabinettschefin von Digitalkommissarin Margrethe Vestager, erinnerte daran, dass die Brüsseler Regierungsinstitution bereits einen Entwurf für einen Data Governance Act vorgelegt habe. Sie wolle damit auch Investitionen in Dateninfrastrukturen wie Gaia-X und die erforderliche Computerleistung beflügeln und Treuhänder einrichten. Beteiligte inklusive des öffentlichen Sektors müssten sich sicher sein können, "dass sie die Kontrolle über ihre Daten behalten".

Belgien werde einen wichtigen Beitrag zu Gaia-X leisten, versicherte Bart Steukers vom dortigen Beratungshaus Agoria. Man wolle nicht von einer US-amerikanischen und chinesischen Abhängigkeit in eine deutsch-französische geraten. Flandern habe bereits eine eigene Initiative gestartet und eine Art "Datenversorgungsbetrieb" ins Spiel gebracht analog etwa zu Wasserversorgern. Der Vorteil dabei sei: "Man kann einfach den Hahn aufdrehen und Vertrauen haben, dass das Wasser sauber ist." Gezahlt werde nach Nutzung.

Europa müsse den Anspruch haben, bei Datenräumen globale Standards zu setzen, forderte die EU-Abgeordnete Liesje Schreinemacher von den Liberalen. Im Digitalbereich lasse sich eine Zusammenarbeit mit Ländern, die ganz andere Ziele und Regeln hätten, nicht einfach vermeiden. Die nächste Welle der "Datenexplosion" werde von vernetzten Geräten und Maschinen getrieben, erklärte Gilles Thiebaut von Hewlett Packard. Nötig sei daher ein echter digitaler Binnenmarkt für Daten. Vor allem der Mittelstand brauche für deren Nutzung geeignete Lösungen, ergänzte Andreas Cleve von Corti.ai. Sonst fehlten in diesem Bereich etwa Trainingssets für Künstliche Intelligenz.

(kbe)

Quelle: www.heise.de

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