Kameradrohnen im Test
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Höhenflug für Film- und Fotoprofis
Musste früher für professionelle Luftaufnahmen noch ein Hubschrauber gemietet werden, kann heute jeder Fotograf oder Filmer einfach mit der eigenen Kameradrohne abheben. Wir haben sieben Modelle getestet.
Noch nie war es so einfach wie heute, sich die Welt aus der Luft anzusehen. Denn moderne Drohnen sind technisch so ausgereift, dass bereits eine kurze Eingewöhnungsphase genügt, um ernstzunehmende Manöver durchzuführen.
Nicht zuletzt deshalb sprechen die meistens mit einer Kamera ausgestatteten Fluggeräte ein so breites Publikum an. In einer Umfrage des Digitalversicherers Helden.de unter rund 2.700 versicherten Drohnenpiloten reichte das Altersspektrum bei den meisten Befragten von 18 bis über 67 Jahre (Grafik rechts).
Knapp zwei Prozent der Nutzer waren sogar älter. Geht es nicht oder zumindest nicht nur um den Flugspaß, sondern insbesondere um hochwertige, verwacklungsfreie Bilder und Videos, muss die Drohne neben entsprechenden Flugeigenschaften natürlich auch eine leistungsfähige Kameraausrüstung zu diesem Zweck mitbringen.
Höherer Preis, bessere Aufnahmen

Wir haben uns Kameradrohnen für den professionellen Einsatz im Preisbereich von rund 500 bis 2.000 Euro angesehen.
Im Test mussten sie ihre Flugqualitäten, insbesondere aber die Foto- und Videokompetenzen ihrer Kameras unter Beweis stellen – sowohl im Labor als auch im Flugbetrieb.
Verdient oben auf dem Siegertreppchen steht die Mavic 3 von Branchenprimus DJI, die erstklassige Bild- und Videoqualität liefert, enorm lang in der Luft bleibt und auch in der Ausstattung überzeugt. Deutlich an der Spitze liegt mit ca. 2.100 Euro allerdings auch ihr Preis.
Wer nicht das neueste Modell benötigt und ein paar Abstriche bei Akkuleistung und Ausstattung verkraften kann, bekommt mit der DJI Air 2S immer noch sehr gute Bilder und Videos für weniger als die Hälfte des Geldes. Mit einem guten Gesamtpaket, das in ebenso gutem Verhältnis zu den Anschaffungskosten steht, kommt für 550 Euro unser Preistipp, die Parrot Anafi.
Der gleiche Betrag wäre auch für Testschlusslicht Potensic Dreamer Pro hinzulegen, die jedoch in keiner Disziplin überzeugen konnte. Selbst wenn es mehr ums Fliegen als um die Kamera geht, ist die Yuneec Mantis G noch die bessere Wahl – und dazu 80 Euro günstiger.
Drohnenkamera der Oberklasse

Doch in der Regel wird in dieser Preisklasse die Bild- und Videoqualität eine große bis entscheidende Rolle spielen. Fotografie-und Filmprofis, die das Beste wollen, kommen dann nicht an der Mavic 3 vorbei, die mit ihrer Doppelkamera beispiellose Aufnahmen ermöglicht.
Ihre Hauptkamera hat einen 4/3-Zoll-Bildsensor und ein Hasselblad-Objektiv mit einer äquivalenten, also auf Kleinbild bezogenen Brennweite von 24 mm und einer Stufenblende von f/2,8 bis f/11. Dazu gesellt sich eine Telekamera mit 1/2-Zoll-Sensor, deren Objektiv mit einer äquivalenten Brennweite von 162 mm noch 4-fach digital gezoomt werden kann.
Mittels Hybridzoom, die beide Zoomarten vereint, sind laut DJI Einstellungen bis zum Zoomfaktor 28 möglich. Die Aufnahmen lassen sich im RAW-Format abspeichern, was außer der Potensic auch die Konkurrenz bietet. Wer kein Tele benötigt, bekommt Fotos auf einem vergleichbaren Niveau auch mit der DJI Air 2S. Die Mavic 2 Zoom hat ein Tele mit 48 mm Brennweite, doch mit der Fotoqualität der beiden vor ihr platzierten Drohnen kann sie nicht mithalten.
Bei der Videoqualität wiederum reicht kein Kandidat an die Mavic 3 heran. Unter allen Lichtverhältnissen liefert diese eine erstklassige Qualität und selbst bei 5,1K-Auflösung mit der Hauptkamera noch eine Bildrate von 50 fps. Damit lassen sich auch Actionszenen flüssig aufnehmen. Bei UHD sind es sogar 60 fps, was sonst nur noch die Air 2s schafft.
Einzig mit der Mavic 3 sind Zeitlupenaufnahmen möglich, in 4K mit 120 und in Full HD sogar mit 200 fps. Ist beim Filmen das Maximum gefragt, bleibt noch der Griff zur Mavic 3 Cine Premium Combo. Unter anderem verfügt die Kamera dann über 1 TByte internen SSDSpeicher und beherrscht den Profi-Codec Apple ProRes 422 HQ. Damit richtet sich DJI klar an professionelle Filmemacher, die dann aber bereit sein müssen, satte 4.800 Euro auf den Tisch zu legen.
Flexible und stabile Aufnahmen

Pro-Controller
Um das Bild unter Flugbedingungen stabil und verwacklungsfrei zu halten, verfügen die Drohnen über ein Gimbal. Es gleicht Ruckler und Schwankungen beim Flug durch kleine Elektromotoren aus, idealerweise in allen drei Dimensionen.
Die Parrot Anafi und die Yuneec Mantis G gleichen jedoch nur zwei Achsen aus und emulieren die dritte per Software. Die Gimbals ermöglichen aber darüber hinaus auch Schwenkbewegungen der Kamera. Horizontal gedreht werden kann sie jedoch nur bei den DJI-Modellen. Mit 54 Grad erreicht der Testsieger hier nur gut ein Drittel der Konkurrenten aus demselben Hause.
Neigen ist bei allen Modellen außer der Potensic möglich. Dabei sticht Parrot Anafi hervor. Ihre Kamera ist um 180 Grad vertikal schwenkbar und kann Objekte über der Drohne aufnehmen. Die restlichen Kandidaten schaffen zumindest 90 Grad nach unten und werden angeführt durch die Mavic 3 mit insgesamt 125 Grad.
Schnell, aber sicher fliegen

Über das Ergebnis der Aufnahmen entscheiden letztlich auch Flugstabilität und Flugverhalten einer Drohne. Und der Spaß beim Fliegen soll ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Ausnahmslos die Note 1 vergeben unsere Tester in dieser Disziplin den DJI-Modellen.
Parrot Anafi und Yuneec Mantis G kommen immer noch auf Note 2. Die Potensic Dreamer Pro konnte nicht überzeugen und muss sich mit befriedigend begnügen. Dabei kommt das Testschlusslicht gerade einmal auf eine maximale Geschwindigkeit von 28,8 km/h.
Die Parrot schafft recht flinke 55 km/h, und bei den restlichen Kandidaten ist erst bei einem Tempo von 70 km/h Schluss. Gesteuert werden die Copter per Controller mit eingelegtem Smartphone, auf dem das Kamerabild gezeigt wird.
Wer sich die Mavic 3 Cine leistet, kommt in den Genuss des RC-Pro-Controllers mit erweiterter Technik und integriertem Display. Beim Fliegen werden Piloten durch eine mehr oder weniger umfangreiche technische Ausstattung unterstützt.
Die Drohnen verfügen über GPS und ein Barometer für das Halten der Höhe. Geht das Steuersignal verloren, kehren sie selbstständig zum Startort zurück. Die Follow- Me-Funktion beherrschen ebenfalls alle. Dabei versucht die Drohne, ein Objekt oder eine Person zu verfolgen und in der Bildmitte zu fixieren.
Je nach Einsatz hilfreich kann eine Hinderniserkennung sein, auf die Piloten der Potensic und der Parrot jedoch verzichten müssen. Wenigstens kann die Anafi dafür mit einem enorm niedrigen Gewicht von nur 320 Gramm punkten. Für einen einfacheren Transport sind alle Drohnen einklappbar bis auf Potensic Dreamer.
Besonders Filmer freuen sich bei einem größeren Projekt, wenn die Drohne nicht so schnell wieder auf den Boden muss, weil ihr der Strom ausgeht. Auch hier setzt die Mavic 3 die klare Bestmarke mit 29 Minuten Laufzeit bei Aufnahmen mit maximaler Videoauflösung. Am frühesten aufgeben muss Potensic, die nach rund 21 Minuten wieder zu Hause ist.
Den meisten Copterpiloten wird intuitiv klar sein, dass das Konkurrieren mit der bemannten Luftfahrt in Flughafennähe nicht zu tolerieren ist und das Fliegen über Menschenmengen sehr gefährlich werden kann. Auch Luftaufnahmen in Nachbars Garten führen selten zu neuen Freundschaften. Leider ist es in der Vergangenheit oft zu unangenehmen Zwischenfällen gekommen, die zuweilen sogar zu der Einstellung des Flugbetriebes an deutschen Flughäfen führten.
Neue Regeln und Pflichten
Um ein einheitliches Wissen um die Nutzungsregeln bei den Drohnenpiloten sicherzustellen, wurde mit der neuen EU-Drohnenverordnung zum 31.12.2020 ein Kenntnisnachweis, der sogenannte Drohnenführerschein, eingeführt (siehe Kasten).
Für Drohnen mit einem Startgewicht ab 250 Gramm oder einer Kamera an Bord ist auch eine Registrierung des Betreibers erforderlich. Immer vorgeschrieben ist die Drohnenhaftpflichtversicherung, die speziell abgeschlossen werden kann, heute jedoch auch in vielen Privathaftpflichtverträgen schon enthalten ist.
Des Weiteren werden die Copter künftig in Klassen von C0 bis C4 eingeteilt, je nach Gewicht und Ausstattung. Weil aber die finalen Standards der EASA noch gar nicht feststehen, gibt es bislang auch keine klassifizierten Modelle.
Die getesteten Drohnen können als Bestandsdrohnen ohne Klassifizierung weiterbetrieben werden, doch beispielsweise müssen sie ohne eine Sondergenehmigung dann ab 1.1.2023 einen horizontalen Abstand von 150 Meter zu unbeteiligten Menschen halten.
In der Klasse C1 ist das Überfliegen einzelner Unbeteiligter bis unter 900 Gramm Startgewicht möglich. Die Hersteller können ihre Drohnen nachklassifizieren, wenn sie den Regeln entsprechen. DJI hält sich noch bedeckt, doch immerhin hat man die Mavic 3 im Vergleich zur Vorgängerin schon auf C1- Niveau abgespeckt.
Kamera-Drohnen im Überblick
Quelle: Chip E-Paper