DroidScript von Google-Algorithmen willkürlich aus dem Play Store ausgeschlossen
KI dürfte den offenbar irrtümlichen Ausschluss veranlasst nach sich ziehen. Google schweigt und gerät in Kritik wegen des intransparenten Durchsetzens von Store Policies.
Developer Von
- Silke Hahn
Ende März hatte Google das Werbekonto von DroidScript gesperrt, einer offenbar beliebten App zum Schreiben von JavaScript auf Android-Geräten. Die kostenfrei nutzbare Anwendung haben über 100.000 Entwicklerinnen und Entwickler im Einsatz, darunter auch Studierende, Lehrkräfte und Profis. Am 7. April entfernte Google die App aus dem Play Store aufgrund von angeblichem "Ad Fraud" (Anzeigenbetrug). David Hurren, Gründer der gemeinnützigen App und des britischen Softwareunternehmens SoftCogs Ltd, legte Widerspruch ein und bat um Aufklärung sowie die Aufhebung der ihm zufolge irrtümlich verhängten Sperre.
Rein maschinelle Entscheidung ohne Revisionsmöglichkeit
Allerdings erhielt Hurren bis heute dazu offenbar keine Stellungnahme seitens Google. Durch den Rauswurf aus dem Google Play Store steht die App nun vor dem Aus, denn es sind nicht nur die Werbeeinnahmen ausgefallen, sondern die im Laufe von sieben Jahren aufgebauten Bewertungen, Download-Statistiken und Premium-Abonnenten drohen durch die andauernde Sperre wegzubrechen. Als nicht gewinnorientiertes Projekt hängt der Betrieb von DroidScript laut Herausgeber an den überschaubaren Einnahmen durch ein einziges Werbebanner von AdMob, das womöglich Stein des Anstoßes war. Den AdMob-Zugang hatte Google als erstes gesperrt, bevor die App aus dem Store flog.
Asymmetrische Kommunikation: Google auf einem Ohr taub
Was die genauen Sachgründe für die verhängte Sperre und den folgenden Ausschluss betrifft, tappen der App-Herausgeber und die JavaScript-Community jedoch seit vier Wochen weitgehend im Dunklen: Offenbar führen Bots mit automatisch generierten Standardtexten die gesamte Korrespondenz, wie aus der Recherche des britischen IT-Portals The Register hervorgeht (auch eine Nachfrage der mit der Recherche befassten Journalisten an Google blieb bislang unbeantwortet). Der Widerspruch gegen den als willkürlich empfundenen Ausschluss dürfte bis heute nicht zu einem menschlichen Ohr im Tech-Giganten durchgedrungen sein, und ein offizielles Verfahren zum Beeinspruchen ungerechtfertigter Sperren scheint es nicht zu geben.
Entwicklerinnen und Entwickler, deren Apps mit dem Vorwurf eines "Verstoßes gegen die Store-Richtlinien" aus dem Play Store ausgeschlossen wurden, haben schon in der Vergangenheit die mangelhafte Kommunikation seitens Google kritisiert und reguläre Einspruchsmöglichkeiten gefordert. Die Fälle ungerechtfertigter Sperren, die meist in automatisierten Verfahren durch Algorithmen verhängt werden, scheinen sich mittlerweile zu häufen.
Google als Gatekeeper: Policy-Willkür
So hat der Missstand im vergangenen Jahr das US-amerikanische Repräsentantenhaus beschäftigt. Die Gesetzgeber nahmen 2020 den Wettbewerb der Digitalwirtschaft unter die Lupe und stellten fest, dass Google seine Machtposition als Gatekeeper über die Angebote von Drittanbietern durch oftmals als willkürlich und intransparent wahrgenommene Durchsetzung seiner Play Store Policies missbrauche. Den Play Store beschrieben Entwickler in der Anhörung als "undurchsichtiges System, das die Möglichkeit von App-Entwicklern bedroht, kommerzielle Angebote zu entwickeln und mitzuhalten". Auch das Recht der Kunden, frei zu entscheiden, welche Apps sie nutzen wollen, beschneide der Konzern.
Maschinen können nicht abwägen
Hinter dem aktuellen Ausschluss von DroidScript stehen möglicherweise Verstöße durch geklonte Raubkopien der App. Laut App-Herausgeber gab es in der Vergangenheit einige Angriffe zum Beispiel einer russischen Gruppe. Die Angreifer könnten versuchen, auch die ID des Werbekontos missbräuchlich zu nutzen. Allerdings sind das Spekulationen, da genaue Hinweise zum Anlass der Sperre fehlen. Wie Hurren im Interview gegenüber The Register sagt, vermutet er mittlerweile, dass bei Google selbst niemand wisse, was die Sperre ausgelöst hat, denn die Menschen wüssten bei KI-induzierten Algorithmen nicht genau, was unter der Haube passiere. Dass sein Produkt von einer Maschine abgedreht wurde, hält er für gesichert.
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Von Maschinen getroffene Entscheidungen scheinen mitunter irreversibel zu sein, selbst wenn die Entscheidung fehlerhaft ist oder auf einem Irrtum oder im Algorithmus angelegten Bias beruht. Das Problem entsteht laut Betroffenen dadurch, dass zumindest bei Google wohl keine Supervision durch Menschen stattfindet und auch kein Einspruchsverfahren zugänglich ist. Für die von solchen Sperren Betroffenen hat das mitunter schwerwiegende Folgen. Wie es für DroidScript weitergeht, ist zurzeit noch offen. Weitere Details lassen sich dem Bericht von The Register entnehmen, in dem auch ausführlichere Interviewpassagen zu dem Vorfall einsehbar sind.
(sih)
Quelle: www.heise.de