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Googles Geschäftsmodell unter Druck

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Google muss sich wegen seines Werbesystems vor Gericht verantworten. Die Firma ­ergreift die Flucht nachher vorne und testet verdongeln umstrittenen Cookie-Nachfolger.


    Googles Geschäftsmodell unter Druck

(Bild: dpa, Marc Müller/dpa)

c’t Magazin Von

  • Torsten Kleinz

Veruntreut Google die Daten seiner Nutzer bei Echtzeitauktionen im Rahmen des sogenannten Programmatic Advertising auf seiner Plattform, obwohl der Konzern immer beteuert, keine persönlichen Daten zu verkaufen? Die Kläger einer Sammelklage vor dem Bundesbezirksgericht in San José jedenfalls werfen ihm vor, persönliche Details von Kunden an andere Firmen weitergegeben zu haben.


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Google gibt zwar nicht die volle Identität der Kunden weiter, sondern nur abstrakte Informationen wie das Interessenprofil, Alters- und Einkommensklassen und Cookie-IDs. Die Kläger argumentieren aber, dass mit diesen Informationen die Identität der Betroffenen wieder rekonstruiert werden könne – was auch in der Praxis geschehe.

Sollte sich das Gericht dieser Auffassung anschließen, droht nicht nur Google, sondern der gesamten Branche Ärger, denn auf Auktionsmarktplätzen wird mittlerweile ein großer Teil der Umsätze der Online-Werbebranche erzielt. Tausende Firmen sind an diesem Geschäft beteiligt.

Google steht aber nicht nur wegen seines Umgangs mit Kundendaten vor Gericht, sondern in einem seit Dezember laufenden Verfahren in Texas auch wegen angeblicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Dort sind im April Dokumente aufgetaucht, die nahelegen, dass Google seine Doppelrolle missbraucht haben könnte, um Konkurrenten zu benachteiligen: Google betreibt sowohl eine Werbeauktionsplattform als auch einen Dienst, mit dem Kunden darauf Gebote abgeben können.

Im "Project Bernanke" hat Google die Daten vergangener Werbeauktionen ausgewertet, um denjenigen Kunden häufiger den Zuschlag geben zu können, die über Googles eigenes System Anzeigen geschaltet hatten, als anderen Kunden – und um somit selber mehr Provisionen zu erhalten. Das Wall Street Journal zitiert einen Google-Sprecher, nach dem die Klage aus Texas große Teile des Anzeigengeschäfts "falsch darstellt". Zudem taucht das Projekt "Jedi Blue" in den Dokumenten auf. Demnach hat Facebook garantiert bekommen, einen bestimmten Prozentsatz an Auktionen zu gewinnen.


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Laut Klageschrift erhalten die Teilnehmer einer Werbeauktion zahlreiche Informationen über den Nutzer, aus denen sich seine volle Identität rekonstruieren lässt.

(Bild: United States District Court San José)

Die Gerichtsverfahren sind ein weiteres Indiz dafür, dass das klassische Programmatic Advertising mit Third Party Cookies wohl ein Auslaufmodell ist. Daher treibt Google trotz Kritik aus der Branche und von Datenschützern das Konzept einer "Privacy Sandbox" in seinem Browser Chrome für die Zukunft des Trackings offenbar mit Hochdruck voran. So testet Google das Verfahren bereits bei einem kleinen Anteil der Nutzer aus Australien sowie einigen amerikanischen und asiatischen Ländern – aber nicht in Europa.

Der Datenschutzexperte Lukasz Olejnik zeigte in ersten Tests, dass die Privacy Sandbox nicht ganz so dicht ist, wie der Name verspricht: Olejnik konnte ermitteln, ob ein Nutzer den Inkognito-Modus verwendet. Das wäre ein erster Ansatzpunkt, um gezielt mehr Informationen über den betreffenden Nutzer zu sammeln oder ihn vom Angebot einer Website auszusperren.

Dennoch sieht Olejnik Googles Privacy-Sandbox-Initiative nicht grundsätzlich negativ: "Natürlich kann man keine Garantien geben, bevor die technischen Details der Implementierung feststehen – aber es ist klar, dass die Vorschläge Googles eine wesentliche Verbesserung zur heutigen Situation darstellen", erklärte Olejnik gegenüber der c’t.

Ein noch trennschärferes Merkmal als Cookies zur Identifizierung einzelner Nutzer sind die eindeutigen Werbe-IDs, die Googles Betriebssystem Android erzeugt. Google und Drittanbietern ermöglichen diese Kennungen, das Surfverhalten der Nutzer zu verfolgen, um sie gezielt mit Werbung anzusprechen. Auch in dieser Sache erhält Google seit Kurzem Gegenwind.

Die Organisation Noyb des Wiener Datenschutzaktivisten Max Schrems hat Anfang April bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL eine Beschwerde gegen Google eingereicht, weil Google die IDs erzeuge, ohne die Anwender zuvor ausdrücklich um Erlaubnis zu bitten. Noyb will erreichen, dass CNIL Googles Tracking-Praktiken untersucht, Google zwingt, die EU-Datenschutzregeln einzuhalten, und eine Geldbuße verhängt.

c’t Ausgabe 10/2021


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(jo)

Quelle: www.heise.de

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