Ende von Adobe Flash: Züge in chinesischer Stadt bleiben stehen
Eine Eisenbahngesellschaft in Nordchina befreit ihre Software nicht rechtzeitig vom Flash Player. Zum Supportende folgt von dort: Alle Züge stillstehen still.
Von
- Tilman Wittenhorst
In der schnelllebigen Welt der Anwendungssoftware sollte man die Produktlebensdauer der eingesetzten Tools immer im Blick behalten, sonst stellt womöglich eine Komponente ihre Tätigkeit ein (End of life, EOL) und sabotiert damit den gesamten Betrieb. So erging es jedenfalls einer Eisenbahngesellschaft im nördlichen Teil Chinas: Sie nutzt für die Verwaltung ihres Zugbetriebs Adobe Flash, das erst jüngst seinen Dienst endgültig quittierte. Die Folge: Alle Züge standen einen Tag lang still.
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Kein Zugverkehr für 20 Stunden
Hersteller Adobe hatte das Aus der einstmals beliebten Multimedia-Programmierplattform Flash gerade erst 2017 verkündet und schließlich den Jahreswechsel 2020/21 als unwiederbringliches Ende des Kundendienstes festgelegt. Ohne Update-Versorgung war sogar dem Hersteller das Tool zu unheimlich, und er verfügte zusätzlich, dass Flash ab dem 12. Januar 2021 auch keine Inhalte mehr ausführt. Dieser Vorlauf erwischte eine Eisenbahngesellschaft in der nordchinesischen Hafenstadt Dalian dennoch unvorbereitet, und so kam es, dass am vorvergangenen Dienstag – dem besagten 12.1. – die Flash-basierte Software zur Steuerung des Zugbetriebs ihren Dienst einstellte. In der gesamten Stadt kam aller Zugverkehr für circa 20 Stunden zum Erliegen, wie die Hongkonger Nachrichten-Website Apple Daily berichtet.
Das Unternehmen China Railway Shenyang Group in Dalian (Provinz Liaoning) hatte es dem Bericht zufolge nicht geschafft, in seiner Software die Flash-Komponente zu deaktivieren. Dies führte zum Stillstand aller Gleisanlagen, Mitarbeiter konnten keine Betriebsdiagramme der Züge mehr einsehen, die Zugreihenfolge nicht festlegen und keine Rangierpläne erstellen.
Dieses Bild soll das Problem der Eisenbahngesellschaft in Dalian zeigen: Die Software zur Zugsteuerung setzt auf Adobe Flash.
Flash hatte in der Frühzeit des Internets eine gewisse Rolle für Multimedia-Inhalte im Browser gespielt (der berühmt-berüchtigte Flash Player), gilt aber schon lange als überflüssig und veraltet und – vor allem – als äußerst unsicher: Die Software war trotz unzähliger, regelmäßiger und dringlichster Patches ein nie zu schließendes Einfallstor für diversen Schadcode aller Schweregrade. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die einstmals große Verbreitung des Flash Player in umgekehrt proportionalem Verhältnis zur Reputation der Software unter Security-Gesichtspunkten stand.
Längst haben daher die wichtigsten Browser den Flash Player hinausgeworfen oder deaktiviert (zuletzt Google im Chrome-Browser), und Apple hat ihm den Zutritt zum Mobilgeräte-Betriebssystem iOS gleich ganz verwehrt. Mit alternativer Player-Software und außerhalb eines Browsers sind Flash-Inhalte allerdings weiterhin nutzbar.
Problem gelöst: ältere Version installiert
Übrigens haben die Mitarbeiter in Dalian ihr Problem mit einem bewährten Trick gelöst: Sie haben eine ältere Version des Flash Player installiert, in der die Sperre zum 12.1.2021 nicht codiert war. Seitdem rollen die Züge dort wieder. Das Durcheinander ist teilweise in einem Forum bei Github nachvollziehbar (hier in einer automatischen Übersetzung ins Englische per Google Translate).
(tiw)
Quelle: www.heise.de